sog


 

 

es war wieder einmal einer dieser tage.

sie saß da und wartete ab, was weiter passieren würde.

vielleicht würde es heute einmal schneller vergehen. hoffentlich würde es sie nicht so hinunterziehen, dass nichts mehr übrig blieb, als sich hinzulegen.

dann nämlich fühlte sie sich absolut hilflos - ausgeliefert - und das war beinahe unerträglich für sie.

 

anfangs waren es noch kleinere attacken. sie war in der lage, diese gut zu verstecken und zu überspielen.

doch mittlerweile waren sie so heftig, dass sie dies nicht mehr konnte. zudem wurde sie ganz plötzlich in diese situation geworfen und so konnte sie ihr noch weniger entkommen.

 

es war ein gefühl, als würde sie den boden unter den füßen verlieren und in ein tiefes loch gezogen.        

ihre beine wurden dann weich, ihr becken fing an zu zittern, der bauch verkrampfte sich, die hände suchten nach halt und in ihrem kopf fing sich alles an zu drehen.                                                     

es war, als würde sie in einen sog geraten - als schwimme sie im wasser, in dem sich plötzlich ein strudel bildet, der sie erfasst, nicht mehr loslässt und sie erbarmungslos in die tiefe zerren wollte.

sie fürchtete sich vor dieser tiefe – vor dem, was da unten sein könnte. daher kämpfte sie mit ihrer ganzen, noch übrigen kraft immer wieder dagegen an.

ihre strategie war zu schwimmen und zu schwimmen, um dem sog zu entkommen. manchmal hatte sie jedoch keine kraft dazu und wurde von ihm hinuntergezogen.

in dieser phase der regungslosigkeit kam sie jedoch wieder zu kräften und begann, sich gegen das hinunterziehen zu wehren. sie tauchte auf und schwamm.

auf diese art und weise machte sie es schon eine sehr lange zeit.

 

doch nun saß sie da und wartete.

ohne es sich vorzunehmen war sie heute geduldiger als sonst, hingebungsvoller. sie ließ sich auf das hinuntergezogen werden eher ein - hatte auch nicht diese angst vor dem, was kommen würde.

zum ersten mal machte sich ein gefühl der hoffnung in ihr breit und sie stellte sich fragen zu dem, was weiter geschehen würde.

 

was passiert mit einem gegenstand, der von einem wasserstrudel in die tiefe gezogen wird?

gelangt er nicht bis zum grund des sogs und wird dann an eine stelle fern davon wieder an die oberfläche entlassen?

hatte dieser immer wieder auftretende schwindel bei ihr die selbe funktion?

wollte er sie dazu bringen, sich auf etwas neues einzulassen?

 

sie reflektierte kurz über ihr leben und erkannte, dass sie immer wieder die selben dinge tat, immer wieder die selben muster hatte. ihr leben war zum stillstand gekommen.

sie ging zwar tagtäglich ihre schritte, doch immer an der selben stelle.

 

aus dem gefühl der hoffnung wurde zuversicht und sie ließ sich seit langer zeit auf etwas neues ein.

sie wusste, es würde sie herumwirbeln, doch sie hatte keine angst mehr davor, unterzugehen und zu ertrinken.

der sog würde sie wieder loslassen und an eine stelle tragen, an der sie nicht mehr zu kämpfen hätte.

 

 

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