weggabelung


 

 

seit vielen jahrzehnten waren sie schon freunde, gingen gemeinsame wege und erlebten hochs und tiefs.

sie verließen sich aufeinander, machten sich auch keine weiteren gedanken über ihre schritte, die sie unternahmen.

alles war routine und irgendwie selbstverständlich geworden.

 

auf ihren gemeinsamen wanderungen wurden die unterhaltungen immer seltener, bis sie einander schließlich nichts mehr zu sagen hatten.

dennoch machten sie sich immer wieder gemeinsam auf den weg.

beschritten wege, die sie schon lange kannten - die nichts neues mehr zuließen.

 

an diesem einen bemerkenswerten tag waren sie wieder unterwegs - sie kannten die strecke genau, wanderten miteinander, schwiegen und achteten auch nicht mehr auf die natur, denn sie kannten sie ja schon. plötzlich klagte einer der freunde über schmerzen und blieb stehen. 

er sah sich außer stande, den weg weiter zu beschreiten, den sie vorhatten zu gehen. die beiden fingen an, sich über ihr weiteres vorgehen zu unterhalten. sie dachten darüber nach, langsam weiter zu gehen oder eventuell umzukehren.

während ihrer unterhaltung fiel ihnen auf, dass sie an einer weggabelung standen.

an einer weggabelung, die sie nie wirklich beachteten. eine weggabelung, die einen weg anbot, den sie unter normalen umständen nie gegangen wären. doch nun - in dieser neuen, schwierigen situation, schien er eine mögliche alternative zu bieten.

 

so beschlossen die beiden, den neuen weg zu gehen.

 

mit jedem schritt, den sie darauf machten, bemerkte der gepeinigte, wie die schmerzen weniger und weniger wurden - und schließlich ganz verschwanden.

dieser neue, unbekannte und bisher unbeachtete weg bot ihnen so viele wunderschöne plätze, dass sie immer wieder stehen blieben und die schönheit der natur genossen.

sie unterhielten sich wieder, hatten sich als freunde wieder neu gefunden und wanderten weiter in tiefer dankbarkeit.

 

 

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